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Haue (Oberhausmuseum Passau).
Copyright: Oberhausmuseum Passau

Ein Handbuch für Zeughaus und Kasten

Lager sind heute oft weite, offene und ebenerdige Hallen, ohne oder mit möglichst wenigen Stützen, um große Volumen unterbringen und rangieren zu können. Speicherbauten in mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Burgen und Städten waren dagegen mehrgeschossig und besaßen regulär mindestens eine Stützenreihe. Gründe dafür waren zum einen, dass meist nur beschränkt Flächen zur Verfügung standen und deshalb in die Höhe gebaut werden musste. Zum anderen konnte ein Bauwerk mit sehr großer Fläche ohne viele - funktional störende - Stützen nur mit hohem Aufwand und viel Know-How erstellt werden. Ein herausragendes Beispiel für ein Gebäude, bei dem genau dies realisiert wurde, ist der Alte Bauhof (errichtet 1441 bis 1443) im mittelfränkischen Bad Windsheim.

Kästen unter den gegebenen Umständen möglichst ökonomisch zu gestalten, war ein Anliegen der Obrigkeit, das Architekturtheoretiker wie Leonhard Sturm bedienten. Er zählt fünf Punkte auf, die bei der Errichtung eines Kornspeichers zu beachten sind:

1. Es soll sich „das Getrayde sich bequem auf- und abbringen“ lassen. Hierzu bedarf es, neben einer funktionalen Ein- und Ausfahrt für die Transportfahrzeuge, auch leistungsfähiger Lastenaufzüge und Transportrutschen. Große Einfahrtstore und Durchfahrten im Erdgeschoss sind als typische Kennzeichen für Speicherbauten heute noch oft gut ablesbar an einschlägigen Gebäuden. Doch auch die früher auch als „Antwerch“ bezeichneten Seilwinden sind heute noch manchmal vorhanden, z. B. in Aigen am Inn oder Tittmoning. Mit ihrer Hilfe konnte man die Waren hochziehen und über große Öffnungen in die Obergeschosse transportieren, wie auf dem Gemälde des Passauer Getreidestadels zu sehen ist.

2. Es ist dafür zu sorgen, dass „behöriger Raum zur Schüttung und Umwendung des Getrayde vorhanden ist“. Die Stockwerke solle man „fein niedrig“ machen, allenfalls 7–8 Fuß (etwa 2–3 Meter) hoch. Sie sollten durch Säulen in dreischiffige Hallen gegliedert werden, wobei der Mittelgang dazu dient, das in den Seitengängen gelagerte Getreide von Zeit zu Zeit umzuschichten. Tatsächlich sind niedere, mehrschiffige Räume ein typisches Merkmal für Speicherbauten, wie jener der Burg Tittmoning oder der Herzogskasten in Kelheim zeigen.

3. Umlaufende Fenster in allen Geschossen werden für eine gute Belüftung empfohlen. Vor Auswirkungen schlechter Witterung schützen verschließbare Fensterläden.

4. Der Kornkasten ist gut zu sichern gegen Diebe „welche nicht so wohl unter Menschen / als unter Vögeln / Ratten und Mäusen sich befinden“. Gegen Vögel helfen Drahtgittern in den Fenstern. Eine gute Belüftung halte Ungeziefer wie „die Würme“ fern.
„Gegen die Ratten und Mäuse aber sich genugsam zu verwahren / halte ich vor eine grosse Kunst“. Sollte das Getreide verkauft werden, sieht Leonhard Sturm die Sache augenzwinkernd entspannt, da die Nager „zur Danckbarkeit vor das Getrayde ihren Koth zurücke lassen / welchen der Käuffer wiederum bezahlen / und mit sich von dem Boden nehmen muß.“
Als Vorbeugung gegen Ratten und Mäuse helfe ein gewölbter Keller und ein lückenloser Steinbodenbelag im Erdgeschoß, durch den die Tiere nicht dringen könnten. Ansonsten seien die Türen zu den Kornböden stets verschlossen zu halten und die Mauern im Erdgeschoß mit Drahtnetzen gegen heraufkletternde Mäuse zu schützen.

5. Schließlich der Brandschutz; die Maßnahmen zielen auf Feuersbrünste, Gewitter und Kriegsbombardement ab. Die wertvollen hier gelagerten Güter bedurften hier eines besonderen Schutzes.